Donnerstag, 26. Juli 2018

Südafrika (Teil 1) - ein Land zwischen Vielfältigkeit und Abschottung

Nun ist es schon Ende Juli. Nur noch knapp einen Monat bevor es wieder zurück nach Deutschland geht. Die Zeit ist viel zu schnell umgegangen und es graut mir schon vor den vielen Verabschiedungen. Vor kurzem hatte ich noch das Gefühl, es dauert noch eine ganze Weile, bis das Jahr vorbei ist und jetzt ist es schon schwierig, noch genug Tage zu finden, um all die Dinge zu machen, die man noch einmal machen möchte. Das die Zeit so gerannt ist, liegt wohl auch daran, dass ich in letzter Zeit viel unterwegs war.

Unser Flug startete mitten in der Nacht
Bereits Ende Mai flog ich mit meiner Mitfreiwilligen Rosanna für zweieinhalb Wochen nach Südafrika. Auf diesen Trip hatte ich mich schon lange gefreut. Denn die Chance, noch einen ganz anderen Teil Afrikas kennenzulernen, wollte ich mir nicht nehmen lassen. Vom vergleichsweise winzigen und gleichzeitig doch größten Flughafen Tansanias in Dar es Salaam ging es über die rwandische Hauptstadt Kigali nach Johannesburg. Dort angekommen hatte ich einen wahrscheinlichen größeren Kulturschock, als zu dem Zeitpunkt, als ich nach Tansania kam. Denn anders als damals, wo ich mich intensiv auf meine Zeit in Tansania vorbereitet hatte und in etwa wusste, was mich erwartet, habe ich mich nicht wirklich auf die Zeit in Südafrika vorbereitet. Der Ankunft am riesigen, hochmodernen Flughafen, folgte die Fahrt mit dem Uber über dem Highway zu unserem Hostel. Schon lange war ich nicht mehr so schnell unterwegs gewesen, denn in Tansania gibt es weder Autobahnen, noch einen geordneten Verkehr, der es einem erlauben würde, so schnell zu fahren.

Johannesburgs Skyline
Dieser Strand war nur für Weiße zugänglich
Johannesburg ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite ist sie, mit ihren zahlreichen Hochhäusern und der vorhandenen Infrastruktur, eine der modernsten Städte Afrikas und auf der anderen Seite eine der gefährlichsten Städte der Welt. Man ist gut beraten einige Teile der Stadt als Tourist zu meiden. Das die Situation in Johannesburg heute so ist, wie sie ist, hängt auch mit der Geschichte Südafrikas zu tun, die untrennbar mit dem Wort Apartheid zusammen hängt. Es war ein jahrzehntelanges System der Unterdrückung Dunkelhäutiger, seitens der weißen Minderheit, die das Land politisch und wirtschaftlich kontrollierten. Dunkelhäutige Südafrikaner hatten kein Wahlrecht und durften viele öffentliche Räume, wie etwa Parks und Strände nicht betreteten, da diese Orte nur für Weiße vorgesehen waren. Auch wohnlich wurden sie ihrer Freiheit beraubt, da sie lediglich in Reservaten und ihnen zugewiesenen sogenannten Homelands siedeln durften, in denen Infrastruktur und Lebensbedingungen wesentlich schlechter waren, als in den von Weißen bewohnten Gebieten. In diesen Gebieten hatten sie nicht nur kein Recht zu siedeln, sondern bekamen auch lediglich eine Aufenthaltsgenehmigung für maximal 72 Stunden, etwa um dort zu arbeiten. Sämtliche öffentliche Einrichtungen, wie etwa Krankenhäuser und Rathäuser hatten getrennte Eingänge für schwarze und weiße Südafrikaner, um die Höherstellung jener zu verdeutlichen. Auch Schulen waren oft nur für eine Bevölkerungsgruppe vorgesehen und unterschieden sich je nachdem wo sie lagen in Klassengröße, Ausstattung und Qualität des Unterrichts. Jahrzehnte lang vollzog die weiße Minderheit in Südafrika, dieses absolut rassistisch orientierte Modell der Rassentrennung und nahm dunkelhäutigen Südafrikanern so jede Möglichkeit der Mitbestimmung und erkläre sie zu Menschen zweiter Klasse.

Ein Anti-Apartheid Plakat
Ein Township in Südafrika
Diese Zeit muss schrecklich gewesen sein und das Schlimmste ist, dass man manchmal das Gefühl bekommt, dass sie immer noch nicht vorbei ist. Offiziell endete das System zwar 1994 nach jahrzehntelangen, weltweiten Protestbewegungen und auf Druck der Vereinten Nationen und Nelson Mandela, der sein Leben dem Kampf gegen die Apartheid gewidmet hatte und dafür einen Großteil seines Lebens im Gefängnis verbracht hatte, wurde erster schwarzer Präsident Südafrikas. Doch auch heute noch, ist ein Großteil des Landes in Besitz der weißen Minderheit, die nur etwa 10% der Bevölkerung ausmacht und bei der es sich um Nachfahren europäischer Siedler handelt. Viele wohlhabende weiße Südafrikaner, beschäftigen auch heute noch dunkelhäutige Gärtner und Haushaltshilfen zu Niedriglohngehältern. Umgekehrt gibt es das Ganze hingegen kaum und während weiße Südafrikaner auch heute noch oft in den zentral gelegenen Stadtteilen mit höherer Lebensqualität leben, wo sie meist in großen Häusern hausen,  die  von  hohen  Mauern,  Stacheldraht  und   allerlei Überwachungskameras umgeben sind, kehren viele dunkelhäutige Südafrikaner nach der Arbeit in die am Stadtrand gelegenen Townships zurück. Das sich die Wut vieler schwarzer Südafrikaner dabei generell gegen Weiße richtet, kann ich zumindest nachempfinden, auch wenn man als Tourist von außerhalb natürlich wenig für die Situation vor Ort kann. Insofern sollte man sich als hellhäutiger Tourist jedoch nicht wundern, wenn man nicht überall willkommen ist und sich vorher informieren, in welche Stadtteile man bedenkenlos gehen und welche man lieber meiden sollte. 

Ein sehr gelungenes Werk mit einer tollen Botschaft wie ich finde
Ein Stadtteil den man aber definitiv besuchen kann und auch sollte ist Maboneng. Er liegt in mitten der Downtown Johannesburgs und ist mehr ein kleines Szeneviertel, als ein richtiger eigener Stadtteil. Dort findet man neben Restaurants und Bars vor allem eine Menge Streetart. Das belebte Viertel wirkt wie eine Oase im sonst eher tristen und gefährlichen Stadtzentrum. Wenn man durch die Hochhausschluchten geht, kommt man sich zunächst vor, als wäre man in einer US-Amerikanischen Großstadt, bis man feststellt, dass viele der Wolkenkratzer leerstehen und nicht mehr genutzt werden. Vor dem Ende der Apartheid wurden diese Gebäude von Banken und Versicherungen genutzt, doch die Unternehmen siedelten um, als die Kriminalität anstieg. 

Austin, Rosanna und ich
Nachdem wir uns in den ersten Tagen in Johannesburg daran gewöhnen mussten, dass Südafrika zwar wesentlich moderner und westlicher ist, man sich dafür aber auch nicht so frei bewegen kann wie in Tansania, fuhren wir anschließend nach Pretoria um dort einen Freund von Rosanna zu besuchen, den sie kennengelernt hatte, als dieser durch Tansania reiste. Die südafrikanische Hauptstadt liegt nur etwa eine Stunde mit dem Auto von Johannesburg entfernt. Pretoria machte auf mich einen sehr aufgeräumten und wohlhabenden Eindruck. Auch die Townships, die es in eigentlich jeder größeren südafrikanischen Stadt gibt, fielen mir hier zumindest nicht besonders auf. Möglicherweise lässt die Regierung sie dort bewusst nicht entstehen, damit die Hauptstadt bei ihren Besuchern einen glanzvolleren Eindruck hinterlässt. Austin, so heißt unser südafrikanischer Freund, zeigte uns die Stadt und nahm uns abends mit  in einen seiner favorisierten Clubs. Dort musste ich nicht nur feststellen, wie auch schon in anderen Ländern zuvor, dass andere Nationen besser feiern können  als wir Deutschen, sondern auch, dass quasi alle Leute in diesem Club weiß waren. Denn auch heute noch ist es in Südafrika üblich, dass Bars, Restaurants und Clubs entweder für Schwarze, Weiße oder Coloureds vorgesehen sind, selten aber von mehreren Bevölkerungsgruppen besucht werden. Heutzutage wird diese Trennung natürlich nicht mehr durch in der Öffentlichkeit aufgestellte Schilder geregelt, die irgendjemanden den Zutritt verbieten würden, aber es ist so etwas wie eine ungeschriebene Regel. Coloureds stellen in Südafrika neben weißen und schwarzen Südafrikanern die größte Bevölkerungsgruppe und machen von der Gesamtbevölkerung etwa 9% aus. Sie haben in der Regel sowohl europäische, als auch nicht europäische Vorfahren, was aber in den wenigsten Fällen bedeutet, dass ein Elternteil schwarz und das andere weiß ist. Denn die Geschichte der Coloureds geht bis zu der ersten Ankunft europäischer Siedler im 17. Jahrhundert zurück. Ihre Vorfahren sind sowohl die afrikanischen Stämme, die zur Zeit der Ankunft der Europäer, im Gebiet des heutigen Südafrika beheimatet waren, als auch die europäischen Siedler, vor allem niederländischer Abstammung, die damals auf der Suche nach neuem Land, ins heutige Südafrika kamen. Aber auch Sklaven aus Ostafrika und Südostasien gehören zu den Vorfahren der heutigen Coloureds, wodurch es eine der genetisch vielfältigsten Ethnien überhaupt ist. Auf Grund ihrer Geschichte fühlen sie sich weder zu weißen, noch schwarzen Südafrikanern zugehörig und wurden auch zu Zeiten der Apartheid, als eigene "Rasse" verstanden. 

Von Pretoria aus fuhren wir zurück nach Johannesburg und von dort aus mit dem Zug in den Süden, doch an dieser Stelle muss ich erstmal Schluss machen, da ich aktuell wieder viel unterwegs bin und leider keine Zeit habe meine ganze Südafrikareise auf einmal niederzuschreiben, aber fortsetzung folgt...