Donnerstag, 9. November 2017

Die Regenzeit ist da

Seid nun mehr als zwei Monaten lebe ich in Tansania. Immer mehr liebe ich dieses Land und sehe es als meine neue Heimat an. Man kennt sich besser aus, als noch zu Beginn, weiß mittlerweile wie die Dinge hier funktionieren und auch mit der Sprache klappt es immer besser.

Hurra Regen!!!
In der Zwischenzeit ist hier die Regenzeit angebrochen. Während es in den ersten zwei, drei Monaten die ich hier war vielleicht zwei, drei mal geregnet hat, fing es vor ein paar Wochen schlagartig an in Strömen zu regnen und hörte für die nächsten zwei Tage nicht wieder auf. Das hatte verheerende Folgen. Die nicht asphaltierten Straßen waren nur noch schwer befahrbar, da die Reifen der Fahrzeuge teilweise im Schlamm stecken blieben und es vereinzelt auch zu Erdrutschen kam. Viele der Felder verwandelten sich in Seen, sodass ein Großteil der Ernte vieler Bauern zerstört wurde. Für uns machte sich der Regen vor allem durch vermehrt auftretende Stromausfälle bemerkbar. Wir hielten diese Dinge zunächst für normale Phänomene während der Regenzeit, doch alle Einheimischen, mit denen wir hier vor Ort zu tun haben, sagten uns, dass dies ein Unwetter war und es normalerweise nicht zu solch extremen Überschwemmungen kommen würde. Mittlerweile regnet es zwar immer noch fast jeden Tag, jedoch nicht mehr durchgängig und auch nicht so stark. Das Wetter reicht jedoch leider nicht mehr um an den Strand zu gehen.

Sonnenuntergang am Strand vor Beginn der Regenzeit
Nur kurze Zeit später fing es an zu regnen
Beim spielen im Regen wird man schon mal etwas dreckiger
Auch Pias Geburtstag fiel leider genau in die Regenzeit. Unkreativ wie ich bin bestellte ich ihr einen Tag vor ihrem Geburtstag mehr oder weniger erfolgreich einen Kuchen. Man muss aber dazusagen, dass es hier auch gar nicht so einfach ist ein Geschenk zu finden, da es äußerst unüblich ist, überhaupt Dinge zum Geburtstag zu verschenken. Mehr oder weniger erfolgreich war der Kuchen, da auf ihm zuerst "Happy birth Pta" stand. Lieber wäre mir jedoch "Happy birthday Pia" gewesen. Das Problem war nur, dass es in Suaheli nur ein Wort für Geburtstag und Geburt gibt und der Konditor wohl davon ausging, dass ich einen Kuchen, als Geschenk für einer Geburt kaufen möchte. Und auch der Name "Pia", dem ich ihm sogar extra noch aufgeschrieben hatte, schien ihm nicht so geläufig zu sein. Aber immerhin hatten wir einen Grund zum lachen und gut geschmeckt hat er auch. Bemerkenswert ist auch die Art, den Geburtstagskuchen hier zu essen. Denn, da der Kuchen zu groß war, als dass Pia und ich ihn hätten alleine essen können, riefen wir alle Mitarbeiter des Guesthouse zum Kuchen essen zusammen. Doch anstatt einfach ein Stück Kuchen zu nehmen, dass wir ihnen bereits abgeschnitten hatten und es zu essen, teilten sie dieses wiederum in kleinere, angeblich mundgerechte Stücke, mit denen immer im Wechsel das Geburtsatgskind gefüttert werden muss und anschließend das Geburtstagskind, die andere Person füttern muss. Da die Person, die Geburtstag hat, dass mit jeder anwesenden Person machen muss, isst sie um einiges mehr, als nur ein Stück Kuchen. Diese ganze Zeremonie mussten wir schließlich leider auch nach drinnen verschieben, da es in Strömen anfing zu regnen.

Das Uhuru-Stadium (Uhuru bedeutet Freiheit)
















Doch in einer Millionenstadt, wie Dar es Salaam kann man auch bei Regenwetter einiges erleben. So war ich etwa beim Derby, der zwei erfolgreichsten tansanischen Fußballteams, Simba SC und den Young Africans, welche beide aus Dar es Salaam stammen. Auch wenn die fußballerische Qualität sicherlich um einiges geringer ist, als jene in Europa, ist auch in Tansania Fußball, die Volkssportart Nummer eins. Es gibt eine professionelle Fußballiga und zahlreiche Fans, welche die Spiele ihrer Vereine regelmäßig besuchen. Dabei ist mir aufgefallen, viel mehr war es nicht zu überhören, dass die Vuvuzela die WM2010 anders als bei uns überlebt hat, sodass man während des Spiels keine Fangesänge, sondern bloß lautes Tröten gehört hat. Es gibt sogar auch einen Pay-TV Sender, mit dem man auch die Auswärtsspiele seines Teams verfolgen kann, ganz wie in Deutschland. Gerne geguckt wird auch die engliche Premier League. Lediglich der VfL Bochum wird nirgends übertragen, aber dass ist momentan vielleicht auch besser so.

Die Schüler sind bei der Graduation besonders festlich gekleidet
Des weiteren fanden in den letzten Wochen zahlreiche Graduations statt, bei denen es sich um groß aufgezogene Feiern zum Schulabschluss handelt. Da zwei andere Freiwillige in einer Schule unterrichten, wurden sie zu der Feier an ihrer Schule eingeladen und fragten uns anderen Freiwilligen ob wir auch kommen wollen. Nichts ahnend wie langwierig so eine Graduation ist, sagten wir zu, da wir fanden, dass sich uns hier eine einzigartige Möglichkeit bot, die Kultur und die Traditionen der Menschen näher kennen zu lernen. Ob Theaterstücke, traditionelle oder moderne Tänze, uns wurde auf jeden Fall einiges geboten. Nur eine Woche nach der ersten Graduation, wurden wir von einem Mädchen namens Warda, die wir bis dahin kaum kannten, gebeten doch auch zu ihrer Graduation zu kommen. Wir entschieden uns hinzugehen und es war sogar noch etwas schöner als die erste, da man sich mit jemandem freuen konnte und nicht einfach nur als Gast anwesend war. Das bizarre an den Graduations ist bloß, dass sie stattfinden, bevor die Schüler überhaupt ihre Abschlussprüfungen geschrieben haben, sodass noch gar nicht feststeht ob sie überhaupt bestehen. Viele tun dies tatsächlich nicht. Denn die Schüler schreiben innerhalb von einer Woche in fast jedem ihrer Fächer eine Klausur, was definitiv zu viel ist und sind zusätzlich oft nur schlecht durch ihre Lehrer auf die zentral gestellten Prüfungen vorbereitet.

Unsere neue Freundin Warda mit ihrer Mutter        
Generell ist das Bildungssystem in Tansania nicht besonders gut. Denn es hängt alles davon ab, ob man auf eine staatliche oder eine private Schule gegangen ist. Wer das Geld hat schickt sein Kind auf eine private Schule, die oft mehrere hundert Euro Schulgebühren im Jahr kosten. Die Mehrheit der Bevölkerung kann sich, dass jedoch nicht leisten und ist gezwungen ihre Kinder auf eine staatliche Schule zu schicken. Dort sind die Lehrer oft selbst nicht ausreichend ausgebildet und haben auf Grund schlechter Bezahlung seitens des Staats oft gar keine Lust zu unterrichten. Manchmal erscheinen sie wohl gar nicht erst zur Arbeit. Das macht sich bemerkbar. Bei uns im Heim haben wir zwei Kinder die auf Grund von Sponsoren aus Deutschland auf eine private Schule gehen können. Obwohl sie erst in die erste Klasse gehen, können sie bereits besseres Englisch als die ältesten Kinder im Heim, die angeblich sieben Jahre Englischunterricht gehabt haben sollen, nur eben auf einer staatlichen Schule. Das Glück einen Sponsor im Ausland zu finden, haben jedoch nur wenige und so bleibt das Machtgefüge in Tansania gleich. Denn am Ende studiert nicht derjenige, der am schlausten oder am fleißigsten ist, sondern derjenige, der die reichsten Eltern hat.

Umra, die tansanische Organisaion, der auch unser Kinderheim in Vikawe angehört hat das Glück, durch die jährlich neu kommenden Freiwilligen und den Kontakt mit unser deutschen Entsendeorganisation VIA e.V. immer mal wieder an Sponsoren zu kommen die einigen wenigen Kindern ermöglichen auf eine private Schule gehen zu können. Da es sich bei fast allen Kindern im Kinderheim um Waisen, Halbwaisen oder zumindest verstoßene Kinder handelt, sind Spenden die einzige Möglichkeit an Geld für eine private Schule zu kommen, um ihnen später eine bessere berufliche Perspektive zu ermöglichen. Auch wir wurden bereits gebeten, uns nach Sponsoren umzuhören. Ich habe mir vorgenommen, dass zumindest in meinem Blog anzusprechen. Denn ich weiß, welchen Unterschied die Schulbildung für das Leben der Menschen hier bedeutet und es ärgert mich zu tief, dass Kinder die aus armen Verhältnissen stammen, mögen sie auch noch so schlau sein, kaum eine Chance auf eine aussichtsreiche Zukunft haben. Dennoch möchte ich klarstellen, dass dieser Blog in keinster Weise zu einem regelmäßigen Spendenaufruf werden wird, sondern in erster Linie mein Leben hier in Tansania wiederspiegeln soll.

Ein typisches Plakat einer großen Hilfsorganisation
Wer hätte es gedacht? Es gibt auch lachende Kinder in Afrika
Doch vielleicht wollten einige von euch immer schon mal etwas spenden, bzw. habt ihr eventuell schon häufiger in der Familie darüber gesprochen oder kennt jemanden dem es so geht, habt euch aber im Endeffekt immer dagegen entschieden etwas zu spenden, weil ihr euch gefragt habt ob das Geld auch wirklich ankommt wo es gebraucht wird? Denn große Hilfsorganisationen haben viele Miarbeiter zu bezahlen, da längst nicht jeder Typ der euch in der Fußgängerzone anquatscht und ein Unicef-Polohemd trägt, jemand ist der sich sozial engagiert. Stattdessen sind es oft Studenten, die in den Semesterferien von Stadt zu Stadt reisen und vorher eine Schulung in Fundraising bekommen haben, um möglichst viele Spenden einzutreiben. Als Gegenleistung bekommen sie einen für einen Studenten gar nicht mal so schlechten Stundenlohn, welcher natürlich durch die Spenden bezahlt wird. Auch die Art und Weise, wie große Hilfsorganisationen werben, um möglichst viele Spenden zu generieren, ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg. Ein traurig drein blickendes schwarzes Kind, ein weißer Spender als Retter in der Not und ein Slogan der sugeriert man könnte mit bereits einem Euro das Leben des traurig drein blickenden Kindes retten. In Videos wird das Ganze gerne noch mit trauriger Klaviermusik untermalt. Mehr fällt den Medienexperten der Hilfsorganisationen oft nicht ein. Doch, dass vermittelt ein völlig falsches Bild von der Realität. Längst nicht jedes Kind in Afrika leidet Hunger und guckt den ganzen Tag nur traurig drein. Die Kinder bei mir im Kinderheim haben nicht viel, aber sie haben ein Dach über dem Kopf und immer genug zu essen und ich sehe sie jeden Tag lachen und herumalbern. Des weiteren muss ich sagen, dass mir hier in Tansania bis jetzt kaum Projekte von großen Hilfsorganisationen aufgefallen sind. Alle Projekte in denen wir Freiwilligen arbeiten, sind von tansanischen Organisationen geleitet. Das Bild, nur Europäer könnten in Afrika helfen und etwas bewirken ist also auch ein völlig falsches. Es schadet dem Land sogar, da es als unselbstständig und unfähig dargestellt wird, was sowohl Touristen, als auch Investoren abschreckt.

Bitte versteht mich nicht falsch. Ich möchte die großen Hilfsorganisation gar nicht grundsätzlich als schlecht darstellen. Im Gegenteil, ich bin froh, dass es sie gibt. In Katastrophengebieten sind sie oft die Ersten die helfen, wenn Regierungen noch darüber beraten in welcher Weise man etwas unternehmen kann. Aber ich bin eben auch der Meinung, dass sie nicht alles richtig machen und ihre Spenden nicht um jeden Preis eintreiben dürfen, wenn sie dafür die Realität verfälschen. Kurzfristig mag diese Art der Darstellung zu Spenden führen, doch langfristig schadet es der dritten Welt und hemmt das Wirtschaftswachstum in eben diesen Ländern.

Ich bin mir sicher, dass ich mit meiner kritischen Meinung gegenüber Hilfsorganisationen nicht allein bin. Und für all diejenigen, denen es genau wie mir geht, die aber dennoch gerne etwas spenden würden, kann es eine ernsthafte Alternative sein, eine jährliche Spende an ein einzelnes Kind zu leisten und ihm damit eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Durch die jährlichen Freiwilligen kann man regelmäßigen Kontakt zum Kind halten und miterleben, welche Fortschritte er oder sie in der Schule macht. Auch gebe es keine Mitarbeiter oder teure Werbekampagnen die bezahlt werden müssen, womit garantiert ist, dass das gesamte Spendengeld dem Kind zu gute kommt. Wenn jemand Interesse und/oder Fragen hat, einfach bei mir melden und gerne auch an Leute weiterleiten die interessiert sein könnten. Zur Kontaktaufnahme werde ich unter dem Blogeintrag auch noch mal meine E-Mail verlinken, ihr könnt mich aber selbstverständlich auch anders kontaktieren wenn ihr wollt. Ich habe auch noch mal drei Videos zum Thema "Spenden für große Hilfsorganisation" verlinkt, die ihr euch anschauen könnt wenn ihr wollt.

Vielen Dank fürs lesen :)

leander.weissenborn@web.de

Ein typisches Spendenvideo:
https://www.youtube.com/watch?v=jV7w-lR3Ap4

Machen Kleiderspenden wirklich Sinn?:
https://www.youtube.com/watch?v=djXkFedpTrE&t=1101s

Kritik an Werbung von großen Hilfsorganisationen:
 https://www.youtube.com/watch?v=FOxFuAxx8WE